Bericht zum StudentInnentreffen vom 18. Mai 2012:
Am Freitag den 18. Mai, 2012 fand ein weiteres Zusammentreffen des VÖGS und vieler interessierter TeilnehmerInnen statt. Das Thema dieses Mal: Die Diplomarbeitsvorstellung von Mag. Katharina Adlassnig. Sie beschäftigte sich mit dem Späterwerb der Gebärdensprache und dessen Auswirkungen auf die Identität der Gehörlosen. Dankenswerterweise stellte sich Florian Schweitzer als Kommunikationsassistent ehrenamtlich zur Verfügung, da keine Fördergelder für Vorträge vom FSW bewilligt werden, sondern nur wenn eine Person eine/n DolmetscherIn braucht.
Der inhaltliche Teil der Arbeit gliederte sich im Wesentlichen in eine Forschungsfrage und daraus resultierenden Hypothesen. Der Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Überlegung, dass der Zugang zu einer adäquaten Sprache die Voraussetzung zur Identitätsbildung ist. Dies führte zum oben genannten Titel der Arbeit. “Was passiert mit der Identität eines gehörlosen Menschen, der sein Leben lang von Lautsprache umgeben war, und dann Zugang zu einer Gebärdensprache bekommt?” Hier war eine der ersten Erkenntnisse, dass Gebärdensprache für gehörlose und schwerhörige Menschen die einzige vollständig erlernbare Sprache ist. Ist die erlernte Erstsprache keine Gebärdensprache, so hat dies v.a. Auswirkungen auf den Lernerfolg, – prozess und die kognitive Entwicklung. Als adäquate Erstsprache ist also nur Gebärdensprache geeignet. Sobald die Gebärdensprache vollständig erlernt wurde, kann mit dem sequentiellen Aufbau der schriftlichen Lautsprache begonnen werden. Im Unterschied zu hörenden Kindern ist es Gehörlosen nicht möglich, bilingual erzogen zu werden, da der Spracherwerb bei Gehörlosen anders als bei Hörenden stattfindet. Zunächst muss Gebärdensprache vollständig zugänglich sein, um dann eine weitere Sprache aufzubauen.
Die erste der drei Hypothesen beschäftigt sich mit der Auswirkung des Späterwerbs einer Gebärdensprache und die Folgen für das “Social Life” – Aufbau einer Ich-Identität, Bildung, soziale Interaktion, Selbstzufriedenheit, usw., diese Veränderungen wurden durchwegs als positiv empfunden.
Als zweites wurde die Bildung überprüft, meist anhand von Erfahrungsberichten aus den USA. Hier führte der Erwerb der Gebärdensprache zu einer höheren Lernmotivation. In Österreich gaben die Befragten keinen merklichen Unterschied zur Lernmotivation an, dies mag daran liegen, dass die Bildungssituation in den USA und Österreich komplementär (= gegensätzlich) ist. Die Identitätsbildung war der dritte wichtige Teil der Arbeit.
Abgeschlossen wurde der Vortrag mit einem Resümee, in dem kurz und prägnant die wichtigsten Punkte zusammengefasst wurden. Diese sind zum Beispiel: Der Erwerb der Gebärdensprache als Erstsprache führt zu Chancengleichheit, Vermeidung von Entwicklungsdefiziten, Ausbildung einer Identität, Bildungserfolg und ein zufriedenstellendes Sozialleben.
Hier ist der Link zur vorgestellten Diplomarbeit: http://othes.univie.ac.at/
Hier geht es zu den Fotos vom Vortrag:
StudentInnentreffen am 18. Mai 2012 |